Prof. Dr. med. univ. Georg Bartsch (CV)
Chefarzt der Klinik für Urologie
Leiter des interdisziplinären Zentrums für roboterassistierte Chirurgie
Alexander Born
Oberarzt der
Klinik für Urologie
Wiebke Mocka
Funktionsoberärztin der
Klinik für Urologie / ASV
Dr. med. Anna Stalp
Funktionsoberärztin der
Klinik für Urologie / ASV
Unter Nierenkrebs versteht man Krebserkrankungen, die vom Nierengewebe selbst (=Nierenzellkarzinom) ausgehen. Das Nierenzellkarzinom stellt etwa 90 Prozent aller Nierenkrebserkrankungen dar. Bei Männern ist das Nierenzellkarzinom mit einem Anteil von 3,5 Prozent die 8. häufigste Krebstodesursache, bei Frauen ist diese Tumorart mit einem Anteil von 2,4 Prozent die 10. häufigste Krebstodesursache. Für Männer zeigt sich dabei eine deutliche Zunahme der Neuerkrankungen innerhalb der letzten 30 Jahre. Auch für Frauen ist hier ein Anstieg, wenn auch deutlich weniger ausgeprägt, festzustellen. Erfreulicherweise ist die Sterblichkeit an Nierenkrebs innerhalb der letzten Jahre weiter zurückgegangen. Mikroskopisch lassen sich fünf Untergruppen definieren, darunter das klarzellige Nierenkarzinom (75-80 Prozent), das chromophile (10 Prozent) und das chromophobe Nierenzellkarzinom (5 Prozent).
Die Prognose einer Krebserkrankung, so auch des Nierenzellkarzinoms, hängt ganz wesentlich vom Tumorstadium zum Zeitpunkt der Diagnose ab. Um die Prognose einer Tumorerkrankung abschätzen zu können, wird eine Stadieneinteilung verwendet, die die Tumorerkrankung anhand prognostischer Merkmale beschreibt. Es sei ferner anzumerken, dass die Stadieneinteilung eines Tumors nicht nur für die Prognose selbst, sondern auch für die Wahl der „passenden“ Therapie von entscheidender Bedeutung ist. Neben dem Tumorstadium spielen zusätzliche Faktoren, wie die mikroskopische Differenzierung der Tumorzellen, genetische Eigenschaften des Tumors oder die Infiltration des Tumors in Blutgefäße eine wichtige Rolle für die Prognose.
Die Mehrzahl der Patienten sucht ihren Hausarzt häufig wegen ganz anderer körperlicher Beschwerden auf, der Verdacht auf einen Nierentumor ergibt sich heutzutage sehr oft als Zufallsbefund im Rahmen einer Ultraschall-untersuchung der Nieren. Wenn Symptome auftreten, die auf einen Nierentumor hinweisen, hat dieser häufig bereits eine gewisse Größe überschritten und womöglich auch schon andere Anteile der Niere (Nierenbecken, Fettkapsel) oder benachbarte Organe erreicht.
Neben einer körperlichen Untersuchung werden eine Blutentnahme sowie bildgebende Verfahren veranlasst. Die Ultraschalluntersuchung (Sonographie) hat in der Beurteilung der Nieren eine ganz zentrale Bedeutung. Sie ist heutzutage weit verbreitet, kostengünstig sowie ohne Nebenwirkungen wiederholt durchführbar. Wird ein Nierentumor-Verdacht in der Ultraschalluntersuchung gestellt, schließt sich zur weiteren Diagnostik eine Schnittbildgebung, in der Regel eine Computertomografie, in bestimmten Fällen auch eine Magnetresonanztomografie, an.
In der Regel werden Bilderfolgen mit und ohne Kontrastmittel angefertigt. Hierbei ist das Aufnahmeverhalten des Tumors an Kontrastmittel (bösartige Tumore nehmen Kontrastmittel auf, gutartige Tumoren in der Regel nicht) ein wichtiger Anhalt dafür, ob es sich um einen bösartigen Prozess in der Niere handelt. Durch die Vielzahl der in unterschiedlichen Körperregionen gemachten CT-Bilder sind auch Aussagen über mögliche Fernabsiedlungen des Tumors in Lymphknoten oder in anderen Organen möglich. Für die Vorbereitung einer Operation liefert das CT auch wichtige Informationen darüber, ob die versorgenden Blutgefäße der erkrankten Niere eine Tumorbesiedlung zeigen.
Knochendarstellungen mittels Knochenszintigraphie werden nur bei Patienten mit Knochenschmerzen, mit auffälligen Blutwerten (erhöhte alkalische Phosphathase), die eine erhöhte Knochenstoffwechselaktivität anzeigen oder bei ungünstigem Tumorstadium veranlasst.
Die primäre Therapie eines Nierenzellkarzinoms beinhaltet nach Möglichkeit die vollständige operative Entfernung des Tumors, da sie derzeit die einzige kurative Option (heilender Therapieansatz) darstellt. Bei metastasierten Nierenzellkarzinomen erfolgt die Therapie unter palliativen Gesichtspunkten.
Die operative Therapie besteht je nach Tumorgröße, Lokalisation aber auch anderen, die Operationstechnik beeinflussenden Faktoren (z.B. Vor-erkrankungen, Metastasen, Allgemeinzustand des Patienten) entweder in einer „radikalen“ kompletten operativen Entfernung der Niere (Radikale Nephrektomie) oder einer sog. Nierenteilresektion (Teilentfernung der Niere). Die Nierenteilresektion hat sich hierbei für kleinere (< 4 cm) und peripher gelegene Tumore unter onkologischen Gesichtspunkten als gleichwertig erwiesen. Sie wird heute in bestimmten Fällen, insbesondere bei eingeschränkter Nierenfunktion bzw. drohender Dialysepflicht, auch für größere und zentral gelegene Tumore angewandt. In großen Zentren gehört die Nierenteilresektion heutzutage zum Standard-Operationsverfahren. Auch eine minimalinvasive Teilentfernung der Niere (laparoskopische oder roboter-assistierte Nierenteilresekton) gewinnt in jüngster Zeit zunehmend an Bedeutung. Aktuell ist diese Zentren wie der Klinik für roboterassistierter Urologie und Uroonkologie am AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUS vorbehalten.Eine gleichzeitige Entfernung der Nebenniere der betroffenen Seite erfolgt in der Regel nur bei Verdacht auf eine Nebennierenmetastase (in der Literatur werden diese mit einer Häufigkeit von etwa 1,5-5 Prozent angegeben) oder beim Vorliegen eines großen Tumors (> 7 cm) im Bereich des Oberpols.
Wenn eine operative Therapie nicht möglich oder sinnvoll erscheint, können auch andere minimalinvasive Verfahren z.B. Radiofrequenzablation, Embolisation (radiologischer Verschluss der Nierengefäße), Kälteverfahren (z.B. Kryoablation) zur lokalen Tumortherapie und -kontrolle eingesetzt werden. Die Wertigkeit und Langzeiteffektivität dieser Verfahren muss durch entsprechende Studien im weiteren Verlauf noch beurteilt werden.
Im metastasiertem Stadium kann neben einer systemischen Therapie mit sogenannten „targetes drugs“ – zielgerichteten Subtanzen gegen bestimmte Tumorwachstums-Faktoren – unter Umständen auch eine Entfernung von einzelnen Metastasen sinnvoll sein. Auch hier bieten wir interdisziplinär das gesamte Spektrum der medikamentösen Tumortherapie am AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUS an.
Eine standardisierte Tumornachsorge verfolgt das Ziel Patienten nach einer abgeschlossenen Primärtherapie in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren und im Falle eines Fortschreitens oder Wiederautretens der Tumor-erkrankung weitere diagnostische und therapeutische Maßnahmen zu ergreifen. Hierzu werden neben einer körperlichen Untersuchung auch weitere apparative (Sonografie ggf. auch Computertomografie bzw. Magnetresonanztomografie, Röntgen des Thorax) und laborchemische Verlaufskontrollen durchgeführt. Die Untersuchungszeitpunkte finden im 1. und 2. Jahr nach Operation alle 3 Monate statt. Im Jahr 4 und 5 alle 6 Monate. Ab dem 5. Jahr werden bei unauffälliger Nachsorge die Untersuchungsintervalle auf 1 Mal jährlich ausgedehnt. In der Regel kann die Nachsorge beim Nierenzellkarzinom nach 10 Jahren beendet werden, vorausgesetzt sie war bis dahin unauffällig.